Franz Girtler (gest. 1776), der aus einer alten deutschen Bauernfamilie in Böhmen stammt - sein Vater hieß Matthias und sein Großvater Franz Girtler - , hatte es in Lissa an der Elbe in Böhmen zum Verwalter der Güter der Grafen Sweerts und Sporck gebracht.
Um mich auf die Spuren meines Vorfahren zu begeben, suchte ich im Jahre 1993 mit dem Fahrrad bei meiner Radtour durch Deutschland und Böhmen auch Lissa an der Elbe auf.
Ich fotografierte das Schloss, in dem die Grafen residierten und Franz Girtler seinen Diensten nachging. Franz Girtler dürfte ein tüchtiger Mann gewesen sein, der sich auch während des Siebenjährigen Krieges (1756 - 1763), bei dem es u.a. um Schlesien ging, verdient gemacht hat. Auf den Gütern der Grafen führte er Ackerbauexperimente durch, so versuchte er sogar Orangen in Böhmen anzupflanzen. Allerdings erfolglos. Der Klee im Girtler-Wappen deutet, wie ich im Kapitel über das Wappen bereits ausgeführt habe, auf die bäuerlichen und landwirtschaftlichen Interessen von Franz hin.
In meinem Buch "Der vagabundierende Kulturwissenschaftler - eine Radtour durch Österreich, Tschechien und Deutschland" schildere ich meinen Besuch in Lissa.
Es heißt da: "Ich fahre auf einer Nebenstraße durch kleine Wälder und an lieblichen Dörfern vorbei, bis ich endlich das Ortsschild "Lysa n. Labem" - also : Lissa an der Elbe - sehe. Ich bitte einen Mann, der auf einem uralten Fahrrad des Weges kommt, mich mit meinem Fahrrad zu fotografieren. Ich bedanke mich und radle in den Ort. Lissa mit seinen alten, kleinen Häusern wird von einem großen, aus dem 18. Jahrhundert stammenden Schloss dominiert, das hoch über der Elbe, der ich von Deutschland kommend entlang geradelt bin, thront. Die Eigentümer des Schlosses waren die Grafen Sweerts und Sporck. Der Verwalter ihrer Güter war mein Vorfahre Franz Girtler. Er soll Experimente mit dem Anbau exotischer Früchte durchgeführt haben, was allerdings nicht immer mit Erfolg gekrönt war. Ein Vorfahre des Grafen war ein interessanter Herr, wie ich gelesen habe, der einmal einem windigen Rechtsanwalt verabreicht hat und deswegen vom Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Er zahlte das Geld und fragte dann den Richter, was eine weitere Ohrfeige kosten würde. Der Richter antwortete, er müsse denselben Betrag noch einmal zahlen. Darauf versetzte er dem Rechtsanwalt, den er nicht leiden konnte, noch eine Ohrfeige und übergab sofort den in kleinen Münzen abgezählten Betrag an den Richter. Bei solchen Leuten war also mein Vorfahre Verwalter."
Bei dieser Radtour erhielt ich also einen Eindruck von der Landschaft, in der meine Girtler - Vorfahren in Böhmen lebten.
Mit seiner Gattin Katharina Steiner hatte Franz einige Kinder. Darunter eine Tochter mit dem Namen Anna, die einen Herrn Göttlich geheiratet hat. Herr Viktor Heller, er ist leider schon verstorben, er war Richter in Passau, schrieb mir, dass er ein Nachkomme dieser Anna Girtler ist. Er hat ihren Grabstein aus Böhmen nach Passau schaffen lassen, wo er in seinem Garten heute noch zu bewundern ist. Die Tochter Viktor Hellers kümmert sich um die Hinterlassenschaft ihres Vaters.
Über Franz Girtler hat Herr Heller, er war ein tüchtiger Familienforscher, einiges heraus gebracht, wie er mir 1976 in einem Brief schrieb. So habe Franz Girtler gemeinsam mit dem Sohn seines Dienstherrn, des Grafen Sweerts und Sporck, 1775 eine Wallfahrt nach Rom unternommen. Darüber hat Franz eine ausführliche Beschreibung verfasst, die allerdings bei der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen verloren gegangen ist - auch Viktor Heller gehörte zu den Vertriebenen.
Ein Nachkomme von Franz Girtler war auch ein gewisser Gottfried Girtler, er war Doktor der Chemie und Mag. pharm. 1837 gründete er die Apotheke "Zu Unserer lieben Frau" auf Freyung Nr. 7 im so genannten Schubladenkastenhaus. Ich besitze einen Bericht Gottfried Girtlers über seine Wanderjahre, bevor er sich als Apotheker niederließ. 1861 übertrug Girtler die Apothekenbefugnis an seinen Sohn Joseph Girtler, auch er war Dr. der Chemie und Mag. pharm. Nach seinem Tod im Jahre 1869 führte seine Witwe Emma Girtler diese Apotheke mit angestellten Apothekern (Provisoren) weiter. Auf einer schönen schwarzen Tafel war an der Apotheke, ich glaube bis in die 1980er Jahre, noch zu lesen "Joseph Girtlers Apotheke". Leider hat einer der neuen Besitzer der Apotheke diesen an die Girtlers erinnernden Namen verschwinden lassen. In den 1930er Jahren stand noch groß an der Apotheke zu lesen J. GIRTLERS APOTHEKE.
Es ist schade, an dieser schönen Apotheke nichts mehr an die Girtler erinnert, schließlich war es Josef G., der diese Apotheke gegründet hat.
Zu den Söhnen von Franz Girtler gehören auch Söhne Josef Alexius Girtler, geadelt als Gitter Ritter von Kleeborn, und Dominic Girtler. Auf beide ist nun näher einzugehen.